Verbesserte Kundenbindung durch mehr Kundendialog
Die Digitalisierung hat unser Einkaufsverhalten vollständig umgekrempelt – mag man denken. Aber halt: die Kaufentscheidung funktioniert immer noch nach dem gleichen Muster und der Kunde/die Kundin ist ein Mensch. Der will respektiert und angesprochen werden, um ihn als Stammkunden zu gewinnen. Doch wie? Ein intensiver Kundendialog und persönlicher Mehrwert können auch online erreicht werden und damit eine bessere Kundenbindung sowie Identifikation mit dem Geschäft.
Der Bundesverband der Deutschen Sportartikelindustrie e.V. hat 2018 die Entwicklung des Reitsportmarktes intensiv beleuchtet. Schon in dieser Studie vor zwei Jahren wurde deutlich: das Geschäft verlagert sich ins Digitale. Immer mehr Ware wechselt den Besitzer online, sowohl im Groß- als auch im Einzelhandel.
Der virtuelle Laden scheint also zu funktionieren. Die große Herausforderung des Internets bleibt aber die Kundenbindung. Onlineshops mit einer Stammkundenquote von 60%, wie in anderen Branchen, gibt es im Reitsporthandel nur wenige. Der digitale Reitsporthandel ist zudem stark preisorientiert. Und doch gibt es einige Händler, die den Kundendialog gezielt suchen und auch gestalten.
Kundendialog statt Rabattschlacht
„Nur über den Preis zu verkaufen, macht doch keinen Spaß“, sagt Paola Mangone von Carr & Day & Martin . Sie ist als deutsche Vertriebsleiterin direkt an der Front und sieht Aufholbedarf in der Branche. „Onlineshops können vom stationären Handel viel lernen, was die Beratung angeht. Wichtig ist aber, sich vom Sortiment her breit aufzustellen und zu hinterfragen, wie man einen Online-Shop kundenorientiert aufziehen kann“. Positivbeispiele gibt es durchaus, allen voran der inzwischen mehrfach mit dem HIPPO Händleraward ausgezeichnete Onlineshop kavalio.de .
Die aufgeräumte und freundliche Optik des Webshops ist besonders nutzerfreundlich und die persönlichen, handgeschriebenen Grußworte erreichen den Kunden mit jeder Bestellung. An der Telefonhotline begrüßt den Kunden eine sehr freundliche Beraterin, die sich mit Namen vorstellt – das macht Lust auf mehr.
kavalio.de ist als reiner Onlinehändler erst seit drei Jahren am Markt und wächst rasant. Bis Ende des Jahres soll die Mitarbeiterzahl von 20 auf 30 wachsen. „Ein Baustein für einen erfolgreichen Online-Shop ist eine ausführliche Produktbeschreibung. Wir versuchen, den Kunden gut aufzuklären, was ihn bei einem Produkt erwartet. Da, wo es Sinn macht, schreiben wir selbst ausführlichere Texte. So versuchen wir, die Retourenquote zu reduzieren. Das ist alles extrem aufwändig, aber wir freuen uns, dass bei uns kaum jemand nur einmal kauft – die meisten sind sehr zufrieden und kommen wieder“, sagt kavalio.de-Mitinhaber Philipp Pfeifer.
Auch EquiAmor gilt als Vorzeigeshop, der mit einem expansiven Konzept und eigenständigem Auftritt punktet. Inhaber Julian Becker stellt bei seinen Kunden fest: „Wenn man als Online-Händler einen echten Kundendialog bietet, gibt es vor allem ältere Kunden, die immer wieder kommen. In der jüngeren Zielgruppe ist der Bedarf hier etwas weniger stark ausgeprägt, unwichtig ist er aber auch hier keinesfalls. Zusätzlich ist der Fokus auf den Preis als Differenzierungsmerkmal gefährlich, denn man sollte sich nichts vormachen: irgendeiner ist immer ein paar Euro billiger.“
Die Herausforderung ist es, dem Kunden ein Zuhause bieten, eine Community, eine Anlaufstelle. So dass er nicht nur einmal kauft, sondern wiederkommt, weil er sich bei seinem Besuch im (virtuellen) Laden verstanden und gut aufgehoben gefühlt hat. Marketingfachleute sprechen immer von der sogenannten „Customer Journey“, also der Reise des Kunden, die im Internet schon mit der Schnelligkeit und Übersichtlichkeit der Website beginnt und mit der Beratungskompetenz weitergeht, die der Shop zu bieten hat. Hier kann man sich durchaus auch online profilieren.
Das „Wir“ betonen
Der „Community-“ bzw. Gemeinschaftsgedanke ist ein Aspekt, der in Online-Shops meist sehr kurz kommt, dabei wäre er so wichtig. Reiter leben und lieben die Gemeinschaft: die eigene Stallgemeinschaft, die Vielseitigkeits-, Dressur-, Friesen-, Gangpferde-, Working Equitation-, Western-, Wanderreiter- oder „Welche reiterliche Spielart auch immer“-Gemeinschaft. Das Fachsimpeln, das gemeinsame Interesse am Sport verbindet. Natürlich haben ein Wanderreiter und ein klassischer Dressurreiter nicht unbedingt die gleiche Weltanschauung – Schnittmengen gibt es aber trotzdem.
Leuchtende Vorbilder kann man in anderen Branchen finden. Es gibt viele gut gemachte Online-Shops, die den Kontakt mit dem Kunden suchen und die fundierte Beratungsleistung des stationären Handels bestens in die digitale Welt übertragen. Die Outdoorbranche beispielsweise bindet die Kunden sehr professionell an sich. Online-Shops wie Bergfreunde , Bergzeit oder auch Globetrotter haben professionelle Redaktionsteams, die sich um Tourentipps, Ausrüstungstests etc. kümmern – und direkt ansprechbar sind. Oft gehen sogar sofort Chat-Fenster auf, um die Barrieren für den Kontakt möglichst niedrig zu halten. Die Produkttester und Autoren sind mit Namen und Kontaktadresse sichtbar. Chats ermöglichen eine Kommunikation auf Augenhöhe. Szene-Influencer bekommen Produkte zum Testen und werden eingebunden – auf Social Media oder auch direkt auf der Shop-Seite.
So kommt immer wieder die Botschaft beim Kunden an: „wir sind wie du“, und „wir haben dieses Produkt im Sortiment, weil wir es ausprobiert haben und aus diesen und jenen Gründen für gut halten“. Es gibt lesenswerte Blogs, die nicht immer nur mit konkreten Produktthemen zu tun haben, sondern sich einfach rund um das Hobby drehen. Gut gemachte (gedruckte) Kundenmagazine werden jeder Bestellung beigelegt und transportieren viel mehr als nur Produktinfos, sondern portraitieren Mitarbeiter, geben Trainingstipps etc. Dazu gibt es aktive Instagram- und Facebook-Kanäle, die die Community regelmäßig aktivieren.
Die Botschaft, die hier vermittelt wird, ist: „Hey, wir brennen für das gleiche Hobby und wir bieten dir wirklich kompetente Antworten auf deine Ausrüstungsfragen.“ Es ‘menschelt‘ also im besten Sinne.
Kundendialog ist ein Wirtschaftsfaktor
Und im Reitsport? Da steckt ganz sicher unglaublich viel Potential in den Unternehmen selbst. Viele Mitarbeiter haben hohe Beratungskompetenz, die es bestmöglich einzusetzen gilt. Für das eigene Google-Ranking ist es außerdem wichtig, zusätzlich zum Workbook-Text des Lieferanten, auch eigene Texte für die Webseite zu kreieren.
Online-Handel ist zeitaufwändig und teuer, doch mit gezielter Kundenkommunikation noch vor der Kaufentscheidung lassen sich Retourenquoten und die Anzahl der Auswahlsendungen minimieren, das Geschäft wird profitabler. Gute Beratung kostet Geld – doch gutes Personal ist für die erfolgreichen Onlineshops eine vernünftige Investition in die eigene Glaubwürdigkeit als kompetenter Ansprechpartner. Den Kunden dort abholen wo er steht, das schafft auch ein Onlineshop - eine treue Stammkundschaft ist der Lohn.