Pferdesport? – So positiv geht es weiter
Die Pferdebranche hat es derzeit schwer: Zum einen ist das Pferd nicht mehr so im Mittelpunkt der Gesellschaft verankert wie früher. Zum anderen hat der Pferde-SPORT immer wieder mal mit öffentlicher Kritik zu kämpfen. Nun haben sich die nationalen und internationalen Verbände auf die Fahnen geschrieben, den Pferdesport künftig wieder ins rechte Licht zu rücken.
Das Mittel der Wahl: Die Social License to Operate. Sie soll dafür sorgen tragen, dass der Pferdesport künftig die „soziale Lizenz“ von Seiten der Gesellschaft erhält, der Sport sich weiter optimiert und dann auch entsprechend positiv wahrgenommen wird.
Was halten führende Vertreter der Pferdebranche von dieser Social License?
Wie geht es weiter mit der Pferdebranche?
Die gesellschaftliche Akzeptanz des Pferdesports steht auf der Kippe: Rollkur oder Barren, der Fünfkampf-Eklat von Tokio, Landgestüte, die Steuergelder verschlingen – das sind üblen Schlagzeilengeber, deren negative Message sich bedauerlicherweise in den Köpfen von Nicht-Pferdesportlern festsetzt. Petitionen gegen das Reiten als olympische Sportart, eine Anzeigenflut gegen Reiter oder die Organisation Peta, die klar von der Nutzung des Pferdes als Reittier abrät – den Reitern wird das Leben und das Rechtfertigen ihrer Passion schwer gemacht. Nun startet die Pferdesport-Branche mit der „Social License to Operate“ eine Offensive, die nicht nur noch mehr Pferdewohl verspricht sondern die vielen schönen Seiten des Umgangs mit dem Pferd herausstellt.
Dürfen Menschen Tiere nutzen?
Gegenwind schlägt übrigens nicht nur Reitern entgegen: Da viele Menschen die Nutzung von Tieren heute durchaus kritischer betrachten, sind sie sehr aufmerksam, was mögliche Verfehlungen angeht. Nicht nur im Bereich der Nahrungsmittel-Produktion. Egal, ob Esel, Elefanten oder Kamele als Last- und Reittiere oder Delfine als Showstars in Freizeitparks – auch die Tourismusbranche bemerkt diese erhöhte Sensibilität der Nutzung von Tieren gegenüber. Tiere nur zum Zwecke des Vergnügens zu halten und zu nutzen, wird zunehmend verpönt und gesellschaftlich an den Pranger gestellt.
Wie also muss sich der Pferdesport wandeln, damit wir ihn künftig mit gutem Gewissen betreiben dürfen? Was muss sich ändern, damit wir auch weiterhin Pferde halten, züchten und für Freizeitaktivitäten nutzen? Wie kann das Pferd in Zukunft seinen gesellschaftlichen Stellenwert zurück erobern und sich wieder fest in den Köpfen und Herzen der Gesellschaft verankern?
Positiver Einfluss von Pferden
„Ja zum Pferd!“, das sagt Dr. Christina Münch von der Organisation „Pferde für unsere Kinder“. „Das Pferd ist seit über 5000 Jahren domestiziert und bewegt sich als Arbeitstier, Freund und Helfer an der Seite des Menschen. Es ist Voraussetzung für den Aufschwung und Wohlstand der industrialisierten Welt. Der Abschied von den Pferden in der Landwirtschaft in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts steht in der Rückschau exemplarisch für den Verlust der ländlichen Welt und das Verschwinden des Bauerntums im klassischen Sinne.
Seit dieser Zeit nimmt von Generation zu Generation die Nähe zum Pferd im Bewusstsein unserer Gesellschaft ab. So ist das Pferd heute aus der Breite der Gesellschaft verschwunden, insbesondere natürlich im städtischen Lebensumfeld.
Dabei leiste das Pferd in vielen unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft weiterhin große Dienste – ob im Freizeitbereich oder im Sport, besonders aber im pädagogischen und im therapeutischen Bereich. „Durch Pferde lernen unsere Kinder Kameradschaft, Übernahme von Verantwortung, emotionale Stabilität, Zuverlässigkeit, Respekt vor der Natur, Selbstvertrauen und Geborgenheit. Zudem lehrten, so Münch, „die Pferde unsere Kinder, ehrlich zu kommunizieren – was gerade im Zeitalter der Digitalisierung enorm wichtig ist. Die Kinder bekommen direktes Feedback auf ihr Handeln, lernen achtsam mit den Tieren umzugehen und Verantwortung zu übernehmen. Ich bin der Meinung, Pferde erden unsere Kinder und bringen sie mit der Natur in engen Kontakt. Und genau deswegen sind wir der Meinung, dass unsere Gesellschaft das Pferd auch in Zukunft braucht!“
Pferde für Kinder – und für den Sport
Es gibt tatsächlich viele schöne Beispiele für den positiven Einfluss von Pferden auf den Menschen insbesondere auf Kinder – in Kitas, Schulen oder Jugendeinrichtungen. Aber auch Unternehmen nutzen den Partner Pferd inzwischen, um Kommunikation und Führungsstil zu lehren.
Um den nichtreitenden Menschen das Pferd und das Thema Reiten näher zu bringen, hält Dr. Christina Münch den persönlichen Kontakt für besonders wichtig und wünscht sich, dass sich Reiter, nicht nur vorbildlich verhalten sondern beispielsweise beim Ausritt auch mal das Gespräch mit Spaziergängern suchen. „Wir appellieren an alle Pferdefreunde, die Faszination Pferd aktiv zu kommunizieren, weiterzutragen und erlebbar zu machen.“
Auch zum Pferd als Sportpartner vertritt Münch eine klare Meinung: Damit Pferde weiter im Sport genutzt werden dürfen,
- muss das Wissen um das Wohlergehen des Pferdes sichergestellt werden.
- müssen unabhängige Kontrollen stattfinden.
- müssen bestehende Tierschutzregeln durchgesetzt werden.
FN-Regeln schützen das Pferd
Wieso Pferdesport auch heutzutage durchaus vertretbar sei, beantwortet die Deutsche Reiterliche Vereinigung so: „Aus dem Tierschutzgesetz lässt sich ableiten, dass die Nutzung von Pferden erlaubt ist, so lange die Gesundheit und das Wohlbefinden nicht beeinträchtigt werden. Regelwerke, Richtlinien, Leitlinien und ethische Grundsätze der FN sind noch tiefgreifender als das Tierschutzgesetz und geben unseren Rahmen für den Sport mit Pferden.” Es gäbe kaum ein Tier, das durch Regeln und sachverständige Regelhüter so vor Missbrauch geschützt würde, wie das Sportpferd. Zudem sei eine gute Ausbildung gemäß den Richtlinien der Deutschen Reiterlichen Vereinigung gelebter (und gerittener) Tierschutz. Die FN ist darüber hinaus der Überzeugung, dass die Pferdesportler keine Randgruppe sondern vielmehr ein Querschnitt der Gesellschaft seien.
Gemeinsame Verantwortung der Pferdebranche
Als Vertreter der Pferdersportindustrie sagt Jörg Stegemann Business-Director von Schweizer Effax: „Die größte Herausforderung für den Pferdesport der Zukunft besteht aus meiner Sicht in der Gestaltung und Erhaltung einer positiven Wahrnehmung in der Gesellschaft.
Unser Ziel muss es sein, den Nicht-Pferdemenschen verständlich zu machen, was wir mit unserem Partner Pferd machen. Unser Umgang mit dem Pferd, soll neben der Verbundenheit von Pferd und Reiter, die Gesunderhaltung, die Ausbildung und das Training fördern.“
Um ein positives Image zu erreichen, müsse die gesamte Pferdebranche (Industrie, Breitensport, Spitzensport, Veranstalter, Verbände, Zucht) an einem Strang ziehen und in der Kommunikation die Öffentlichkeit mit einbeziehen, fordert Stegemann: „Jedem einzelnen Pferdemenschen muss klar sein, dass er für sein Hobby und seine Passion zum Pferd jeden Tag aufs Neue in der Verantwortung steht und immer ein gutes Vorbild darstellen sollte. Ein schlechtes Bild, benötigt mindestens zehn gute Bilder. Daher muss unser Ziel sein, gemeinschaftlich aus der Branche heraus viele positiv aufgeladene Momente zu schaffen, zum Wohle unserer Pferde und dem Pferdesport.“
spoga horse lädt zur Talkrunde über die Social License to Operate
„Für die spoga horse ist das Thema Social License ein ganz entscheidendes, denn die Frage ob und in welcher Form wir uns in Zukunft den Pferden als Freizeit- und als Sportpartner weiter widmen können, beschäftigt die Pferdesport-Branche selbstverständlich in besonderem Maße. Neben den vielen persönlichen Gesprächen mit unseren Ausstellern, in denen wir diskutieren, wie wir die Bedingungen für die Pferde immer weiter optimieren können, geben wir der Thematik auf der spoga horse auch eine offizielle Plattform, um auf das Thema entsprechend aufmerksam zu machen. Es gab beispielsweise eine Talkrunde am 5.2.2023 um 16 Uhr auf der Hauptbühne THE STAGE mit dem Verein Pferde für unsere Kinder e.V., in der wir den Brennpunkt Social Licens to Operate in den Mittelpunkt stellten. Wir wollen Pferde auch weiterhin als zentralen Bestandteil unseres Lebens und dafür tun wir stets unser Bestes“, erklärt Dr. Maria Näther, Director der spoga horse. Die Diskussion kann nach der Veranstaltung bis Ende März auf der digitalen Plattform spoga horse @home on demand verfolgt werden.