Köln: 08.–10.02.2025 #spogahorse

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Der spoga horse Ländercheck (9): Die Pferdebranche in Irland

Die spoga horse ist die weltweit führende B2B-Messe für die Pferdebranche. Ein wesentlicher Pluspunkt für Besucher und Aussteller: Ihre Internationalität. Aussteller aus 33 Ländern und Besucher aus 72 Ländern nahmen an der spoga horse Herbst 2019 teil. Die Vernetzung von Geschäftspartnern über Ländergrenzen hinweg ist ein wichtiger Auftrag der spoga horse. Deswegen werfen wir in der neuen Serie „spoga horse Ländercheck“ einen genauen Blick auf die wichtigsten Absatzmärkte der spoga horse.

Hinweis: Es handelt sich um teilweise gekürzte Fassungen der ursprünglich im Fachmagazin „ReitsportBRANCHE“ erschienen Artikel von Sebastian Reichert. Wenn Sie Interesse an den vollständigen Publikationen haben, können Sie die die komplette Ländlercheck-Serie über info@reitsport-branche.com bestellen.

Irisches Connemara Pony

Irisches Connemara Pony

Wie der „keltische Tiger“ die Pferde reitet

Pferde gehören zu Irland – der „Grünen Insel“, dem „Land of the horse“ – wie Guinness, Folkmusik und Regen. Nirgend-wo gibt es pro Einwohner mehr Rennbahnen, vielleicht auch mehr (Sport-)Pferde als in Irland. Das Land ist quasi eine große Weide. Ein Umstand, der aber auch zu furchtbaren Schattenseiten in der Wirtschaftskrise führte. Irland ist andererseits aber nach wie vor Europas größter Vollblüter-Produzent. Und der Pferdesport ist gerade auf dem Landein wirtschaftlich bedeutender Faktor. Nun steht die Branche aufgrund des Brexits vor besonderen Herausforderungen. In Teil 9 unserer Serie „Länder-Check“ stellen wir Irland und seine Reitsportbranche vor.

In vielen Teilen der Welt ist der beste Freund eines Mannes der Hund, aber in Irland ist der beste Freund eines Mannes das Pferd“, sagt Claire Nulty, Marketingchefin beim 1981 gegründeten Pferdedeckenhersteller Bucas. Nicht umsonst hat die nationale Tourismusbehörde „Failte Irland“ den Begriff „Land des Pferdes“ („Land oft he horse“) als einen seiner Marketing-Slogans angenommen. „Irland ist seit vielen Jahrhunderten für Pferde berühmt“, erklärt Diarmuid Hanifin. „Jahrhunderte hindurch waren Pferde untrennbar mit dem irischen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Leben verbunden.“ „Irische Trainer, Reiter, Pfleger, Tierärzte und Hufschmiede sind auf der ganzen Welt gefragt“, führt der Pressesprecher der Royal Dublin Society (RDS) aus. Und Claire Nulty ergänzt: „Die Iren haben eine ganz besondere Bindung zum Pferd. Wir sind mit Geschichten aufgewachsen, wie unsere Großeltern jeden Sonntag mit Pony und Pferdewagen zur Messe gefahren sind und was für ein Tabu es war, wenn das Pony da-bei schmutzig war.

Oder wie unser Großvater spät in der Nacht den Pub verlassen hat, sich auf den Pferdewagen gelegt hat, darauf eingeschlafen ist und das Pony ihn sicher heimgebracht hat. Das Pony brauchte keine Anweisungen. Es wusste genau, wo lang es gehen musste.“

So groß wie Bayern

Irland (amtlicher irischer Name Éire; gesprochen: eeische) ist ein Inselstaat im nördlichen Westeuropa, der etwa fünf Sechstel der gleichnamigen Insel umfasst. Den Rest bildet Nordirland – im Gegensatz zu Irland Teil des Vereinigten Königreichs. Insgesamt ist die Atlantik-Insel etwa 450 Kilometer lang und rund 260 Kilometer breit - die drittgrößte Insel Europas und nach Neuguinea und Borneo die drittgrößte geteilte Insel der Welt. Mit 70.000 Quadratkilometern ist die Republik Irland etwa so groß wie Bayern. 1921 wurde sie unabhängig. Sechs der 32 Grafschaften der Insel mit dem Namen „Nordirland“ blieben hingegen unter britischer Kontrolle.

Obwohl in Irland (im Gegensatz zu Nordirland) mit dem Euro bezahlt wird, herrscht auf der gesamten Insel Linksverkehr. Nicht die einzige Besonderheit: Das Klima ist stark vom nordatlantischen Strom beeinflusst, der für milde Durchschnittstemperaturen und kaum Temperaturschwankungen während des gesamten Jahres sorgt. Und für viel Regen. Sehr dichtes, grünes Gras wächst fast überall.

Viel Wasser, wenig Wald

Nicht umsonst wird das an Burgen und Schlössern reiche Irland auch als „Grüne Insel“ bezeichnet. Die aber andererseits sehr waldarm ist. Großflächige Rodungen führten dazu, dass Anfang des 20. Jahrhunderts nur noch ein Prozent mit Wald bedeckt war. Anfang des Jahrtausends waren es dank EU-Fördermitteln bereits wieder zehn Prozent. Wasser gibt es schließlich genügend. Der Fluss Shannon ist mit etwa 370 Kilometern sogar der längste und wasserreichste Fluss der Britischen Inseln. Knapp 250 Kilometer sind schiffbar. Die einzige Landgrenze der Republik Irland, die seit 1973 EU-Mitglied ist, ist die innerirische. In der Regel gibt es dort keine Kontrollen. Doch durch den Austritt Großbritanniens aus dem EU-Binnenmarkt und der Zollunion 2019 werden die 500 Kilometer allerdings zur Außengrenze der Europäischen Union. 30 Jahre nach dem Karfreitagsfriedensabkommen von 1998 wollen zwar alle Seiten Grenzkontrollen, auf die es hinauslaufen könnte, vermeiden, wie das gehen soll, ist aber bislang unklar.

Irland

Irland wird auch als "Die grüne Insel" bezeichnet

Wie der Brexit bewegt

Überhaupt könnte sich was bewegen: Auch als eine Folge des Brexit-Abkommens ist Nordirland seit Januar 2017 ohne Regionalregierung. Und im britischen EU-Austritt wittert die katholisch-nationalistische Partei Sinn Fein perspektivisch eine Chance, sich Irland anzuschließen. EU und Großbritannien fixierten in einem 15-seitigen Verhandlungspapier Anfang 2018, dass Menschen in beiden Teilen Irlands wählen können, ob sie Bürger Großbritanniens oder der Republik Irland sein wollen. So wie das die Olympia-Teilnehmer schon seit Jahrzehnten tun können.

Hauptstadt und größte Stadt der Republik Irland ist mit etwas mehr als 550.000 Einwohner Dublin. Die Heimatstadt von Oscar Wilde und des Guinness Biers liegt an der irischen Ostküste – etwa 100 Kilometer von Großbritannien entfernt, durch die irische See getrennt. In der Metropolregion Dublin lebt etwa ein Drittel der 4,7 Millionen Einwohner Irlands. Heutzutage wohnen 60 Prozent der Bevölkerung in städtischen Räumen.

Außerhalb der wenigen Zentren (Dublin, Cork, Galway, Limerick) ist das Land sehr dünn besiedelt. Arbeitsplätze sind fast nur in den Städten zu finden. Die Bevölkerung des Landesspricht überwiegend Englisch. Die ursprüngliche Sprache der Iren – das Irisch – ist nur noch in wenigen Countys offiziell die vorherrschende Sprache. Im Jahr 2006 gaben nur 53.471 Iren an, privat täglich irisch zu sprechen.

Land der Auswanderer

Der wohl entscheidendste Faktor für den Rückgang des Irischen war der Hunger auf dem Land Mitte des 19. Jahrhunderts. Zahlreiche Missernten, dadurch folgende Hungersnöte, sowie Repressalien durch die britische Herrschaft hatten dazu geführt, dass zwischen 1845 und 1852 über ein Million Menschen starben. Noch mehr wanderten aus. Eine Welle, die bis ins 20. Jahrhundert anhielt. 1841 hatten über 8,1 Millionen Menschen auf der Insel gelebt – 1961 waren es nur noch 2,8 Millionen Einwohner. Seitdem steigt die Bevölkerungszahl aber wieder. Inzwischen hat Irland 4,7 Millionen Einwohner – einschließlich Nordirlands sogar über sechs Millionen. Pro Frau werden im Durchschnitt 1,9 Kinder geboren. Die Fertilitätsrate ist damit eine der höchsten in Europa. Und das irische Durchschnittsalter von 36,4 Jahren eines der niedrigsten.

Wirtschaft – Extreme Entwicklungen

Der Großteil der Bevölkerung – nämlich fast 85 Prozent – bekennt sich zum römisch-katholischen Glauben. In Irland gilt das strengste Abtreibungsverbot in der EU. Leo Varadkar, seit Juni 2017 Ministerpräsident, war 2015 der erste irische Minister, der sich als schwul outete. In dem katholisch geprägten Landwaren homosexuelle Beziehungen bis 1993 strafbar.

Auch die irische Wirtschaft hat extreme Entwicklungen mitgemacht. Vor dem EU-Beitritt 1973 galt Irland als ein Armenhaus Europas. Mit hohen Wachstumsraten und sinkender Arbeitslosigkeit folgte in den 1990er Jahren ein langanhaltender Aufschwung. Irland lockte reihenweise Firmen aus dem Ausland an – unter anderem mit geringer Steuerbelastung. Die Unternehmenssteuer beträgt auch heutzutage immer noch nur 12,5 Prozent – einer der geringsten Werte innerhalb der EU. Unter anderem Amazon, Apple, Facebook, Google, IBM, Ikea, Microsoft, Starbucks und Yahoo halten nach dem „Double Irish With a Dutch Sandwich“-Prinzip ihre Steuerlast gering.

Irish Cob

Irish Cob

Schock durch Finanzkrise

Zwischen 1995 und 2007 wuchs das Bruttoinlandprodukts Irlands um durchschnittlich 6 Prozent pro Jahr, weshalb das Land in Analogie zu den Tigerstaaten Südostasiens als „keltischer Tiger“ bezeichnet wurde. Die weltweite Finanzkrise traf dann das stark von ausländischen Unternehmen abhängige Irland aber ab 2007 besonders heftig. Die Immobilienblase platzte. Viele irische Haushalte litten an Überschuldung. Irland erhielt als erstes Land Milliarden-Hilfen aus dem Euro-Rettungsschirm EFSF. Und zum sichtbarsten Opfer der Wirtschaftskrise wurden um das Jahr 2010 die Pferde. Bis zu 20.000 Pferde wurden überflüssig. Viele von ihnen wurden einfach ausgesetzt. Unzählige verhungerten, viele mussten eingeschläfert werden. Der Umgang mit den Pferden wurde zum Spiegel von Irlands Auf und Ab. Seit jeher pferdeversessen, hatten die Iren ihren Wohlstand auch im Sattel gefeiert. Mit hochgezüchteten Rennpferden versuchten normale Bürger, nebenher noch Geld zu verdienen. Pferde waren erst zum Statussymbol und dann zum Spekulationsobjekt geworden.

Ausgesetzte Pferde

Die Zahl der Schlachtungen von Pferden hatte sich zwischenzeitlich – zwischen 2009 und 2012 – auf 24.000 Tiere pro Jahr vervierfacht. 2016 wurden von rund 2100 eingefangenen Pferden etwa 1700 eingeschläfert. „Ausgesetzte Pferde sind immer noch ein großes Problem in Irland“, sagt Karen Keogh vom Irish Horse Rehoming Programme. „Die Ursachen werden von den Behörden nicht richtig angegangen. Unkontrollierte Zucht ist ein Problem. Das Gesetz wird oft nicht durchgesetzt. Im Grunde kann ein Kind in einem Stadtgebiet immer noch ein Pony kaufen und damit züchten.“

Wirtschaftskrise überwunden

2014 war die Wirtschaftskrise weitgehend überwunden. Und 2016 avancierte Irland dank des zuvor größten Wirtschaftswachstums in Europa nach dem Bruttoinlandsprodukt (kaufkraftbereinigt) zum drittreichsten Land Europas – in der Welt zum achtreichsten. Im Global Competitiveness Index, der die Wettbewerbsfähigkeit misst, belegt Irland, das weltweit zu den liberalsten Volkswirtschaften gehört, Platz 24 von 137 Ländern.

Irland

Deutschland – Handelspartner Nummer 4

Wichtigste Haupthandelspartner sind aktuell die USA und Großbritannien. Deutschland ist sowohl was den Export als auch was den Import betrifft viertwichtigster Partner. Irland exportierte 2016 insgesamt Güter im Wert von 116,5 Milliarden Euro und importierte Waren im Wert von 71,5 Milliarden Euro. 1,0 Prozent des Bruttoinlandprodukts von 275,6 Milliarden Euro wurden 2016 durch Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei erwirtschaftet. Allein die Genossenschaft Ornua („Kerrygold“), die 14.000 irische Milchfarmen vertritt, hat einen Jahresumsatz von 1,75 Milliarden Euro und exportiert in 110 Staaten – unter anderem ihre goldfarbene Butter.

Laut der UN-Welternährungsorganisation (FAO) war von 2003 bis 2013 die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in allen EU-Mitgliedstaaten rückläufig, außer in Irland. Dort stieg sie um 2,9 Prozent. Der Anteil der Landfläche, die landwirtschaftlich genutzt wurde, beträgt in Irland fast 70 Prozent. Zum Vergleich: Der Europa-Schnitt liegt bei 40 Prozent.

Sport vereint die Nation

So wechselhaft es in der Geschichte Irland zuging, eine Sache hat sich kaum verändert: Der Sport vereint die ungewöhnliche Nation. So repräsentiert beispielsweise die Rugby-Nationalmannschaft seit ihrer Gründung 1874 die gesamte Insel. Und natürlich sind die seit 1887 ausgetragenen Meisterschaften in den beiden irischen Nationalsportarten, die im Prinzip nur auf der Insel bekannt sind, gesamtirische: die All-Ireland Senior Football Championship und die All-Ireland Senior Hurling Championship. „Irland hat die höchste Beteiligungsrate an sportlichen Aktivitäten in der EU“, sagt der Fine-Gael-Abgeordnete im Europa Parlament und frühere GAA-Präsident Seán Kelly. „Sport ist in Irland stark mit ehrenamtlichem Engagement verbunden und wird von den Menschen selbst organisiert.“ Sowohl Gaelic Football, eine der wohl körperbetontesten Team-Sportarten der Welt, als auch Hurling, das auf eine 3000-jährige Geschichte zurückblickt, sind reine Amateursportarten.

„Staatsreligion“ Gaelic Football

Hunderttausende Iren (10,7 Prozent) sind Mitglied in der Gaelic Athletic Association (GAA), die neben Gaelic Football und Hurling noch weitere gälische Sportarten wie Gaelic Handball, Rounders und Wrestling fördert und betreut. „Die GAA ist älter als die Republik“, sagt GAA-Sprecher Alan Milton. „Sie ist eine der drei Säulen der Gesellschaft neben dem Staat und der Kirche, und die einzige, deren Ansehen in letzter Zeit nicht gelitten hat.“ So ist Gaelic Football also für die Iren weit mehr als nur ein Spiel. Es ist die eigentliche Staatsreligion des Landes. 2800 Vereine mit etwa 180.000 Spielern gibt es. Das Meisterschaftsfinale – ausgetragen im September im größten Stadion, dem Croke Park (82.000 Plätze) in Dublin – zieht das ganze Land in seinen Bann. Es ist regelmäßig die meistgesehene TV-Sendung des Jahres. So waren 1,3 Millionen Iren (Einschaltquote von über 80 Prozent) live dabei, als die Entscheidung am 17. September 2017 fiel.

Etwa ein Drittel der Sportveranstaltungen sind gemäß dem „Irish Sports Monitor“ Gaelic-Football-Spiele. 7,5 Prozent der Befragten gaben an, in den vergangenen sieben Tagen eine Gaelic-Football-Veranstaltung besucht zu haben. Obwohl mehr Iren erklärten, öfter Fußball als Gaelic Football zu spielen, engagieren sich im Gaelic Football auch weitaus die meisten Ehrenamtlichen. Von 56 Millionen Euro, die die Regierung 2017 im „Capital Sports Programme“ zur Verfügung stellte, gingen 23,5 Millionen Euro an die GAA.

Heiliger irischer Rasen

Auf dem heiligen irischen Rasen im „Croker“ dürfen übrigens erst seit 2007 mit Ausnahmeregelungen auch Fußball- oder Rugby-Spieler auflaufen. Bis dato mussten die „englischen“ Sportarten mit dem kleineren Lansdowne Road Stadion vorliebnehmen. Noch bis 1972 wurden Teilnehmer an einem Fußball, Rugby- oder Cricketspiel mit einem lebenslangen Ausschluss von allen gälischen Sportarten und Vereinen bestraft. Die GAA, mehr Gralshüter irischer Identität als herkömmlicher Sportverband, spielte einst bei der Heranbildung des irischen Nationalbewusstseins eine vergleichbare Rolle wie Turnvereine in Deutschland.

Während der Zeit der Besatzung Irlands durch die Briten war neben der irischen Sprache beispielsweise auch Hurling verboten. Wie Gaelic Football gehört auch der Mannschaftssport keltischen Ursprungs, der mit Stöcken und einem Ball gespielt wird, zur nationalen Identität. Hurling (und seine Frauenvariante Camogie) ist ein Symbol für die irische Kultur. Mit seiner 3000-jährigen Geschichte ist Hurling wohl die älteste Rasensportart der Welt, zumindest aber eine der schnellsten Mannschaftssportarten. Ein gut geschlagener Leder-Spielball („Sliotar“) kann bis zu 150 Stundenkilometer schnell fliegen.

Croke Park in Dublin

Croke Park in Dublin

Medaillen-Lieferant Pferdesport

Nach Gaelic Football sind Golf (3,7 Prozent), Fußball (3,3 Prozent) und Schwimmen (2,1 Prozent) die nächstmitgliederstärksten Sportarten. Trotz der Vorherrschaft der irischen Nationalsportarten Gaelic Football und Hurling sowie der großen Beliebtheit von Fußball, Rugby und Golf ist doch auch der Pferdesport in Irland ein sehr erfolgreicher. Er ist zum Beispiel die einzige Sportart, in der Irland 2012 in London sowohl bei den Olympischen (Cian O’Connor, Bronze) als bei den Paralympischen Spielen (Team, Bronze; Helen Kearney, Silber und Bronze) Medaillen gewann. Pferde gehören zu Tradition Irland. Die verschiedenen Pferdesportarten haben eine beachtliche Anhängerschaft. Dachverband aller Pferdesportler ist Horse Sport Ireland (HSI) – verantwortlich für alle 32 Counties auf der Insel (inklusive Nordirland). Der HSI-Nationalverband ersetzte 2008 die Equestrian Federation of Ireland (EFI, gegründet 1931) und die Irish Horse Board (IHB). Hintergrund der Neugründung ist, dass eine gemeinsame Körperschaft für den Leistungs- und den Freizeit-Pferdesport sowie für die Pferdezucht geschaffen werden sollte.

Zu den über 20 angeschlossenen Organisationen von Horse Sport Ireland gehören unter anderem die Association of Riding Clubs (AIRC), die Federation of Irisch Polo Clubs (FIPC), Hunting Association of Ireland (HAI), der Irish Pony Club (IPC) und die 1731 gegründete Royal Dublin Society (RDS) sowie Verbände für Dressur, Vielseitigkeit und Springreiten. Die AIRC hat zum Beispiel 3400 Mitglieder – etwa 130Clubssind angeschlossen. Der IPC, offen für Mitglieder bis zum Alter von 25 Jahren, gehören etwa 3000 aktive Nachwuchsreiter an.

Pferdesport – Ein Wirtschaftsfaktor

Laut einer Studie der University College Dublin (UCD) nehmen wöchentlich fast 50.000 Iren an Sportpferdeaktivitäten teil. Der Beitrag der Sportpferdewirtschaft zur irischen Gesamtwirtschaft beträgt mehr als 816 Millionen Euro pro Jahr. Mit einer Zuwachsrate von über 15 Prozent zwischen 2012 und 2016. Dabei stellt die Zucht (271 Millionen Euro) mit 14.830 aktiven Züchtern und über 70.000 Pferden den größten Sektor. Auf den Wettbewerbssektor entfallen 168 Millionen Euro (10.000 Pferde), auf den Freizeitsektor 103 Millionen Euro (36.000 Pferde). Im Jahr 2016 wurden insgesamt 5527 Sportpferde im Wert von 48 Millionen Euro exportiert.

Es gibt über 14.000 Vollzeitbeschäftigte in der irischen Sportpferde-Industrie. Davon etwa 4400 Arbeitsstellen, die nur indirekt mit dem Pferdesport zu tun haben, wie beispielsweise Tierärzte, Sattlereien und Hersteller von Artikeln für den Pferdesport. Und dazu kommt noch der Rennsport, der 16.000 Jobs unterstützt. Ein nicht unerheblicher Teil der Mitglieder der irischen Traveller-Bewegung, die als Landfahrer mitunter nicht nur durch Irland, sondern durch Europa reisen, arbeitet als Hufschmiede oder Pferdehändler.

Pferde- und Heiratsmessen

Pferdemessen auf dem Land sind für viele Traveller das Gesellschaftserlebnis, nicht selten auch Heiratsmessen für junge Erwachsene. Eng mit den Landfahrern, viele von ihnen mittlerweile sesshaft in den Vorstädten geworden, ist auch das Phänomen der „Urban Horses“ oder „Suburban Equestrians“ verbunden. Die „Pony Kids“ von Dublin reiten wie Vorstadtcowboys ohne Sattel durch die Stadt, liefern sich Rennen auf dem Kopfsteinpflaster. Die Tiere haben keinen Stall, keine eigene Wiese, wie eigentlich seit 1995 gesetzlich vorgeschrieben, sondern werden einfach auf öffentlichen Wiesen oder im Hinterhof gehalten. Auf dem Smithfield Market in Dublin wird mit Pferden wie sonst mit Fahrrädern gehandelt. Ein Pony gibt es schon für 50 Euro.

Sportpferde – Der soziale Kit

Ein Großteil insgesamt 816 Millionen Euro, die insgesamt im Pferdesport umgesetzt werden, wird hingegen anders erzielt. Und zwar vorrangig auf dem Land, sagt Alan G. Fahey. Der UCD-Professor spricht von 14.000 Arbeitsplätzen im Sportpferdebereich. „Der Sportpferdebereich leistet damit weiterhin nicht nur einen wichtigen wirtschaftlichen Beitrag, sondern ist auch für das soziale und kulturelle Gefüge des ländlichen Irlands wichtig“, erklärt Fahey. „Angesichts der wachsenden wirtschaftlichen Unsicherheit aufgrund des Brexits ist es wichtig, dass wichtige Schritte zum Schutz dieser wichtigen Branche unternommen werden.“

Die aktuelle Sportpferdepopulation (exklusive Rennpferde) wird in Irland auf knapp 136.000 Tiere geschätzt. Laut „Spiegel“ leben nirgendwo in Europa pro Kopf der Bevölkerung mehr Sport- und Freizeitpferde als auf der „Grünen Insel“. Laut dem Strategiepapier „Reching New Heights“ kommen auf Tausend Menschen 27,5 Sportpferde. „Damit ist Irland das am dichtesten von Sportpferden bevölkerte Land in Europa.“ Sportpferde machen dort zwei Drittel der Pferdepopulation aus. Die meisten Pferde (und auch die meisten der knapp 15.000 Züchter) gibt es im westlichen Teil der Insel.

Pferderennen sehr populär

„Coolmore Stud“ im County Tipperary ist sogar weltweit die größte Zucht von Vollblut-Rennpferden. Eigentümer John Magnier, der auch Senator im irischen Parlament ist, gilt als weltweit einflussreichster Mann in der Rennpferdezucht. Im Dezember 2017 bezahlte „Coolmore Stud“ bei einer Auktion in Tattersalls 7,1 Millionen Euro für die vier Jahre alte Galopperstute Marsha – der höchste jemals bei einer Auktion in Europa zugeschlagene Preis. Pferdezucht ist in Irland ein steuerfreies Business. Wie in England sind Pferderennen auch in „Kleinbritannien“ sehr populär.

Auf der Insel gibt es insgesamt 26 Rennbahnen – 24 in der Republik und zwei in Nordirland. Sie werden jedes Jahr von über 1,3 Millionen Menschen besucht. Jeder dritte Ire schaut sich regelmäßig Pferderennen live an. Die Wettindustrie setzt Berichten zufolge jährlich etwa vier Milliarden Euro um. Die prestigeträchtigsten Wettbewerbe finden auf der Curragh -und Fairyhouse-Rennstrecke statt. Auch Naas gilt als Hochburg und ist berühmt für das jährlich im April stattfindende Punchestown-Festival, einer der Höhepunkte des irischen Sport-und Freizeitkalenders. Das erste Rennen in Punchestown fand bereits 1824 statt.

Traditioneller irischer Pub in Dublin

Traditioneller irischer Pub in Dublin

Dublin Horse Show – Eine Institution

Die größte Pferdesportveranstaltung in Irland ist aber die fünftägige Dublin Horse Show der RDS – eine Institution, eine Feier der Verbundenheit Irlands mit dem Pferd. Zu der fünftägigen Show, die eine der größten Veranstaltungen Irlands ist und die knapp 50 Millionen Euro zur Volkswirtschaft beisteuert, gehören unter anderem internationale Fünf-Sterne-Springen, wie der Aga Khan Nations Cup. Die 144. Auflage (zum ersten Mal fand die Show 1887 statt) im August 2017 lockte über 100.000 Besucher an, es gab über 300 Handelsstände, und 1600 Pferde und Ponys waren dabei.

Die Tattersalls International Horse Trials & Country Fair ist Irlands führende Vielseitigkeitsshow, besucht Ende Mai/Anfang Juni von bis zu 30.000 Menschen. In einem Outdoor-Zeltdorf bieten Hersteller an 90 Ständen ihre Waren an. Beachtlich: Das Irish Sport Horse belegt im Zuchtbuch-Ranking der WBFSH von September 2017 Platz eins. Im Springreiten – in Irland hat vor allem das Jagdreiten eine lange Tradition – schlägt aktuell Rang 14 zu Buche. Noch während der 1960er und 1970er Jahre produzierte Irland stets die besten Springpferde der Welt.

Pferdewirtschaft – Strategie 2025

2015 erarbeiteten HSI, Teagasc und die RDS mit Unterstützung der Ministerien für Landwirtschaft, Ernährung und Marine und des Ministeriums für Verkehr, Tourismus und Sport das 45- seitige Strategiepapier „Reching New Heights“. Die Kommission formulierte sechs Kernempfehlungen, um die irische Pferdewirtschaft bis 2025 wieder nach vorn zu bringen und „die Abwärtsspirale des irischen Sportpferdes zu stoppen“. So soll die irische Pferdezucht beispielsweise von europäischen Zuchtbüchern (KWPN und Holstein) lernen und noch mehr auf Qualität setzen. Ein erster Schritt, um die Ziele zu erreichen, war, dass HSI eine neue internationale Marketingabteilung schuf. Irland strebt „bis 2025 einen Sportpferdebereich an, der die modernsten wissenschaftlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Zucht und Produktion von Pferden auf höchstem internationalem Niveau nutzt“. Das Land will einen „lebendigen, dynamischen Pferdesportsektor“, der „wesentlich zum wirtschaftlichen und sozialen Leben des Landes beiträgt, in dem das Wohlergehen des Pferdes im Mittelpunkt der Industrie steht."

Laut Zuchtbuch wurden 2016 beim irischen Sportpferd 4766 Fohlen registriert. Das Irish Sport Horse ist durch Kreuzung des Irish Draught Horse (782 Fohlen) – die klassische irische Arbeitspferdrasse – mit Englischem Vollblut entstanden. Bereits bei der Zucht der Irish Hunter, die für das Springen und Jagen bevorzugt werden, wurden Irish-Draught-Stuten mit Englischen Vollblut-Hengsten gepaart. Das Irish Draught Horse (auch: Irisches Zugpferd) entstand vermutlich aus Connemara-Ponys, spanischen Pferden und altenglischem Warmblut.

Connemara – Das einzige Original

Das Connemara-Pony wird auch als das „einzige original irische Pferd“ bezeichnet. Die Heimat der Reitponys liegt am dünn besiedelten äußersten Westzipfel Irlands. Seit vielen Jahrhunderten leben dort die kleinen Pferde halbwild in den torfigen Sümpfen und Geröllhängen. Bei Wanderritten auf dem Connemara Trail sinken die Tiere manchmal bis zu den Knien im Morast ein. Die Tinker-Pferde, meist Schecken in allen Varianten mit üppigem Kötenbehang, vollem Langhaar und Ziegenbärtchen an der Unterlippe und ursprünglich Zug- und Arbeitspferde der Traveller, avancierten seit den 1990er Jahren zum Modepferd.

Kylemore Abbey in Connemara

Kylemore Abbey in Connemara

Irisches Pferd verzeiht Fehler

„Das Irische Pferd besitzt Nervenstärke und einen guten Charakter. Es hilft schwächeren Reitern und verzeiht auch Fehler“, sagt Sue Foley, Leiterin des „Clonshire Equestrian Centre“ in der Grafschaft Limerick, einem der größten Reitzentren im Land. Mit dem wohl berühmtesten Pferd mit Connemara-Blut, dem Hunter-Pony „Stroller“ (145 Zentimeter Stockmaß), gewann Marion Mould 1968 Olympia-Einzelsilber und zwei Jahre später sogar das vielleicht schwerste Springen der Welt, das Deutsche Spring-Derby. Mit null Fehlerpunkten. „Das Bild der irischen Sportpferde-Industrie zeigt, dass es ein lebendiger Sektor und ein wichtiger Bestandteil des ländlichen Lebens ist. Der wirtschaftliche Wert der Industrie ist beträchtlich“, schließt die Studie „The Contribution of the Sport Horse Industry to the Irish Economy 2017“. Ähnlich sieht das auch Agrarminister Simon Coveney. Die Sportpferde-Industrie reiche „tief in die Gemeinden des Landes hinein“ und leiste „einen bedeutenden, aber weitgehend unbeachteten Beitrag zu unserer Wirtschaft“.

Team Ireland Equestrian – Hersteller sponsern

Zu den Sponsoren des Team Ireland Equestrian (TIE) zählen namhafte Hersteller aus der irischen Pferdesportbranche. So unterstützt die Berney Bros Sattlerei aus Kilcullen, sowie Horseware, Marktführer für Pferdebekleidung in Großbritannien, und der Pferdefutter Hersteller Gain Horse Feeds aus Kilkenny das TIE. Reitsportbekleidungshersteller Dubarry of Ireland, ebenfalls Sponsor des 2009 gegründeten Teams, führt neben dem Geschäft am Hauptsitz in Ballinasloe noch Flagship-Stores in Dublin (und London). TIE-Sponsor TRM Ireland (Thoroughbred Remedies Manufacturing) aus Kildare ist nach eigenen Angaben führender Hersteller und Vertreiber von Nahrungsergänzungsmitteln und Gesundheitsprodukten für Pferde. Dessen 1984 gegründete Schwesterfirma, TRI Equestrian, bezeichnet sich als „Irlands führender Reitsport Shop“. Neben dem Superstore neben der Rennbahn in Curragh, dem nach Firmenangaben größten Reitsportgeschäft in Irland, gibt es noch eine zweite Verkaufsstelle in Nordirland, am Meadows Equestrian Centre in Lurgan.

Stationärer und Online-Handel

Nicht das einzige Unternehmen, das sowohl in Irland als auch in Nordirland vertreten ist. Das gilt zum Beispiel auch für die Holmestead Sattlerei, die Standorte in Downpatrick (Nordirland) und in Naas (Ireland) hat. Etliche bekannte, größere Reitsportgeschäfte, betreiben sowohl stationären als auch (mitunter europaweit agierenden) Onlinehandel. Zu diesen Unternehmen gehören beispielsweise Horse Mad Store in Swords, Orchard Equestrian aus Limerick und das 2001 gegründete Equine Warehouse in Clonmel Town, mit einem 700 Quadratmeter-Showroom eines der größten Pferdesportgeschäfte in Irland. „In den letzten zwei Jahren haben die Aktivitäten des Pferdesport-Einzelhandels in Irland zugenommen“, sagt Claire Nulty vom namhaften Pferdedecken-Hersteller Bucas. „Offensichtlich ist das bei einigen der größeren Einzelhändler, die zum Beispiel im Online-Handel deutlich aktiver wurden.“ Auf der spoga Horse im September 2017 waren mit Horseware, Bucas, PC Eachaiocht, Horst First, Kilfera Pet Products/Dapple Equestrain, Mervue Larbaratories, Celtic Equine Supplies, TRM, Gain Equine Nutrition Glanbia Agribusiness und JFC Equine Manufactoring zehn Aussteller aus Irland vertreten. Auf der Frühjahrsmesse 2018 in Köln waren lediglich Bucas und Horseware dabei.

Einzelhandel sonntags geöffnet

Weitere bekannte Geschäfte, die in der Regel wie der gesamte Einzelhandel in Irland typischerweise auch sonntags öffnen, sind Horseworld in Enniscrone und Equestrian World in Maynooth. Bekannte Marken sind zudem die Futtermittelhersteller Connolly's Red Mills und Bluegrass sowie Mackey Equestrian, John Ormonde Wexford und ComfyBed Equine Bedding. „Sports Direct“, Großbritanniens größter Sport-Einzelhändler, der auch Reitsportartikel- und -bekleidung führt, ist auf der gesamten irischen Insel an 40 Standorten vertreten.

Fachhändler – Viel praktisches Wissen

In Bezug auf den Pferdesporthandel ist der östliche Teil des Landes in der Nähe von Kildare, der Heimat desirischen Pferderennens, oder Wicklow und Dublin laut Bucas Marketingchefin Claire Nulty etwas stärker aufgestellt als in Gebieten wie Kerry und Galway. Eine Besonderheit der Reitportgeschäfte in Irland sei durch die Bank hinweg aber vor allem „das praktische Wissen der Mitarbeiter“. Die Mehrheit sind echte Pferdemenschen mit einer großen Menge an Reitsport-Erfahrung. Sie haben in der Regel ihre eigenen Pferde, die sie pflegen und auf denen sie Wettbewerbe bestreiten. Das bedeutet, dass sie viele der angebotenen Produkte ausprobiert haben und damit Erfahrungen aus erster Hand haben.“

Und mit Blick in die nähere Zukunft für die irische Sportpferde-Industrie sagt Fine-Gael-Politiker Simon Coveney: „Ich bin der Meinung, dass ihr Potenzial unterschätzt und nicht ausgeschöpft wurde.“ Michael Duffy, Geschäftsführer der Royal Dublin Society (RDS), ergänzt: „Der Brexit wird besondere Herausforderungen für die Pferdesportbranche schaffen, die sehr starke grenzüberschreitende Geschäftsbeziehungen sowie eine spezifische Exportbeziehung mit Großbritannien hat.“

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Autor: Sebastian Reichert

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