Der spoga horse Ländercheck (1): Die Pferdebranche in Frankreich
Die spoga horse ist die weltweit führende B2B-Messe für die Pferdebranche. Ein wesentlicher Pluspunkt für Besucher und Aussteller: Ihre Internationalität. Aussteller aus 33 Ländern und Besucher aus 72 Ländern nahmen an der spoga horse Herbst 2019 teil. Die Vernetzung von Geschäftspartnern über Ländergrenzen hinweg ist ein wichtiger Auftrag der spoga horse. Deswegen werfen wir in der neuen Serie „spoga horse Ländercheck“ einen genauen Blick auf die wichtigsten Absatzmärkte der spoga horse.
Hinweis: Es handelt sich um teilweise gekürzte Fassungen der ursprünglich im Fachmagazin „ReitsportBRANCHE“ erschienen Artikel von Sebastian Reichert. Wenn Sie Interesse an den vollständigen Publikationen haben, können Sie die die komplette Ländlercheck-Serie über info@reitsport-branche.com bestellen.
Foto: Jacqueline Macou
Wirtschaftliche Fakten
12 Millionen Franzosen – also jeder Fünfte – wohnt im Großraum von Paris. Nach der Hauptstadt mit 2,2 Millionen Einwohnern zählen Marseille (860.000), Lyon (507.000), Toulouse (466.000) und Nizza (343.000) zu den größten Metropolen. Frankreich ist nach einer Reform seit Anfang 2016 in 19 Regionen untergliedert. Zuvor waren es 27 Regionen. Deutschland ist sowohl was den Export als auch was den Import betrifft wichtigster Handelspartner der zweitgrößten EU-Volkswirtschaft (und der fünftgrößten der Welt). Frankreich exportierte 2017 Güter im Wert von 473,6 Milliarden Euro und importierte Waren im Wert von 552,7 Milliarden Euro. 5,3 Prozent des Bruttoinlandprodukts von 2.286 Milliarden Euro wurde 2017 durch Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei erwirtschaftet. Die Anbaufläche ist seit 50 Jahren fast unverändert; die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe und die Zahl der Beschäftigten in der Landwirtschaft sind aber in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen.
Reitwesen und Verbandsstruktur in Frankreich
Dachverband aller Reiter, Fahrer und Voltigierer ist in Frankreich die 1921 gegründete Fédération Française D'Equitation. Mit 689.000 Mitgliedern ist die FFE der drittgrößte Sportverband Frankreichs und der zweitgrößte Dachverband in der internationalen Dachorganisation FEI. Nur der französische Fußball- (1.725.000 Mitglieder) und der Tennis-Verband (1.085.000 Mitglieder) haben mehr Mitglieder. 1984 zählte die FFE erst 145.000 Mitglieder. „In den vergangenen 20, 30 Jahren ist der Reitsport in Frankreich demokratisiert worden“, erläutert Manfred Hödl von HEXA Horse. Die französische Firma stellt Reitsportzubehör wie Gerten oder Spezialgepäck her. „Aufgrund der militärischen und höfischen Verwurzelung war Reiten zuvor eher etwas für die Menschen aus besseren Kreisen. Das ist nicht mehr so. In den vielen entstandenen Reitsportzentren reiten viele Kinder, deren Familien sich die Unterbringung eines Pferdes sonst nicht leisten könnten.“ Hilfreich sei dabei auch gewesen, dass Reitsportzentren bis vor kurzem einen geringeren Mehrwertsteuersatz abführen mussten.
Foto: Sofie Zbořilová
Die absolute Mehrzahl der 2,2 Millionen reitenden Franzosen ist indes weiblich. Das belegen die FFE-Zahlen: 83 Prozent der Mitglieder (557.821) sind demnach Frauen. Was die Anzahl an weiblichen Mitgliedern angeht, ist die FFE sogar der größte Sportverband Frankreichs. Insgesamt 84.000 der FFE-Mitglieder sind touristische Reiter. Drei Viertel der Lizenzinhaber sind jünger als 21 Jahre. Die meisten Mitglieder hat der Verband in der Region um Paris und im Norden des Landes. Den Spitzenwert gibt es in der Altregion Picardie. Dort kommen auf 1000 Einwohner 14 Lizenzen. Über 54.000 Personen kauften 2014 mindestens ein Pferd.
Professionalisierung und Zucht
Foto: Jacqueline Macou
Der französische Verband richtet weltweit die meisten FEI-Turniere aus. 2015 waren es 582 Turniere. Daneben organisierte die Société Hippique Française (SHF) 2014 insgesamt 8717 Prüfungen für Ponys und junge Pferde (bis 6 Jahre), und darüber hinaus gab es außerhalb dieser Organisationsformen 102.919 Wettbewerbe für andere Pferde. Die Zahl der SHF-Prüfungen nahm dabei zuletzt merklich zu. 2004 hatte die Société Hippique knapp 5500 Entscheidungen organisiert.
In der französischen Pferdebranche gibt es ungefähr 180.000 Arbeitsstellen, darunter sind 57.000 hauptberuflich Beschäftigte. In dieser Hinsicht ist sie die Nummer eins im Sport in Frankreich. Die französische Pferdesportbranche erwirtschaftet insgesamt einen geschätzten Umsatz von 14 Milliarden Euro.
In Frankreich werden 66 Pferderassen geführt. Es gibt ungefähr 35.000 Züchter, von denen 80 Prozent eine oder zwei Stuten halten. Züchter-Schwerpunkt ist der Nordwesten des Landes. Das Institut Français du Cheval et de l'Equitation (IFCE) verzeichnet allein in der Altregion Basse-Normandie 6568 Züchter. An reproduzierfähigen Stuten zählt das IFCE 72.600 Tiere. Bei Kühen sind es 7,6 Millionen und bei Schweinen rund eine Million Tiere. Neben den Züchtern in der Normandie (14.678 gedeckte Stuten) und in Pays de la Loire (8551) ließen 2014 die Züchter in der Altregion Aquitanien mit der Hauptstadt Bordeaux die meisten Stuten decken – 6230. In der Altregion im Südwesten gibt es etwa 2300 Züchter und 45.000 Pferde. 40 Prozent der Züchter, die mehr als zehn Stuten, halten, leben in Basse-Normandie oder in Aquitanien. Zwei Drittel des Pferdebestands sind Ponys und Reitpferde. 20 Prozent sind Rennpferde.
Der französiche Reitsportfachhandel
Foto: Jacqueline Macou
Eine starke Position im französischen Reitsportgeschäft nimmt auch Decathlon mit über 300 Einzelhandelsfilialen ein. In den Geschäften des 1976 gegründeten Unternehmens werden (genau wie in den mehr als 50 Filialen in Deutschland) auch Bekleidung, Ausrüstung und Zubehör für Reiter und Pferde verkauft. Decathlon hat ein eigenes Forschungs- und Entwicklungszentrum für seine eigenen Produkte (Marke „Fouganza“). „In etwa 60 Prozent aller größeren französischen Städte ist Decathlon vertreten“, schätzt Aurélien Guillon von „Horse Pilot“.
Auf eine geschätzte Anzahl von 300 bis 500 Reitsportfachgeschäften kommt Marie-Line Buessard. „Wir arbeiten mit 50 Fachgeschäften in Frankreich zusammen“, erklärt die Designerin von „Charles de Nevel“. Nach ihren Angaben gibt es die meisten Fachgeschäfte im Großraum Paris und in der Normandie. „Die kleineren Geschäfte positionieren sich mit hochwertigerer Ware, Beratung und Service“, erläutert Babette Schily. „Im Süden ist der starke Einfluss der Hersteller aus Italien und Spanien auf die Fachhändler zu spüren, im Norden ist die Nähe zu Deutschland größer“, sagt „Horse Pilot“-Geschäftsführer Guillon.
Der nötigen Kooperation, dem Erfahrungsaustausch und dem internationalen Geschäft der einzelnen Akteure widmet sich unter anderem SO Horse Alliances. Das regionale Cluster bringt im Südwesten Unternehmen, Experten, Züchter, Trainer und Pferdesport-Schulen zusammen, um Wirtschaftsförderung sowie Standortmarketing zu betreiben und neue Produkte zu entwickeln. In Caen in der Normandie sitzt der „Pôle Hippolia“, eines von 70 staatlichen „Pôles de compétitivité“, das ähnliche Interessen verfolgt: Das national agierende Kompetenznetz mit über 150 Mitgliedern will als Innovationsmotor für die französische Pferdesportbranche wirken und die Wettbewerbsfähigkeit stärken.
Frankreich auf der spoga horse
Foto: Sadnos
Auf der spoga horse 2019 stellten 41 Aussteller aus Frankreich aus, rund 5 Prozent der Besucher kamen aus Frankreich. Laut Ausstellerbefragung zählt Frankreich für mehr als die Hälfte aller Aussteller zu ihren wichtigsten Absatzmärkten.
Sie möchten den französischen Markt für sich erschließen oder Ihre Geschäftsbeziehungen stärken? Dann nehmen Sie an der spoga horse 2021 teil: Als Aussteller oder Fachbesucher .